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THEMA: EIN SELTSAMER TAG

EIN SELTSAMER TAG 10 Jahre 11 Monate her #40

Warnung : Wer hier etwas vordergründig Spirituelles oder gar

Intelligentes zu lesen erwartet, möge sich bitte JETZT von

diesem Blog verabschieden. Jenen, die das Seltsame lieben,

sei folgendes erzählt. Es begab sich also heute so :


Wieder zurück in Graz, sass mir die anstrengende Reise noch

in den Knochen. Als ich nach nur 2 Stunden, traumleeren

Schlafes erwachte, war mir in Gedanken ein Sanatorium mit

seinen weissen Wänden näher, als der innere oder äussere


Blick auf die zu erledigenden Dinge. Sie türmten sich wie

ein immer höher wachsender Berg vor meinen Augen auf, und

selbst die Handtasche, die mich bis ins Bett verfolgt hatte,

sagte mit hoch erhobenem Zeigefinger : " Öffne mich, leere

mich, in mir ist Post, in mir sind Notizen und Termine, ich

ersticke schon fast." Kaum hatte ich mich an den Gedanken

gewöhnt, dass Handtaschen sprechen können, hob auch der

Computer an, zu sprechen, vom Telefon gar nicht zu reden.

Die Einzahl von Telefon ist falsch gewählt ..3 Telefone

schrieen mich gleichzeitig an. Das eine, auf das ich mich in

einer hingebungsvollen Meditation in Notre Dame zu Ehren der

Glocken, gesetzt hatte, schrie : " HA; ich bin zwar kaputt,

aber ich bin die Hüterin all deiner Kontakte und Termine.

Ohne mich bist du verloren!" Das Ersatztelefon, in dem nun

meine Sim Karte steckte, hoffte erwartungsschwanger darauf,

befördert zu werden und grinste unverschämt verächtlich mein

altes kaputtes Telefon an, als ich es seufzend aufnahm, um

einen Notdienst zu rufen, um mich zu informieren, wer denn

mein altes Handy reparieren könnte. Aber das wusste das

Ersatztelefon nicht, sonst hätte es nicht so gegrinst. Das

3. Telefon, mein Festnetztelefon schrie : " Lade mich ! "

und genau in dem Moment begann auch mein Koffer lauthals

nach mir zu rufen ; " Pack mich sofort aus, da sind Kleider

, die ins Geschäft müssen, die Kunden warten!" Immer näher

kamen die unschuldig weiss gehaltenen Wände in meiner

Vorstellung- nur weisse Wände, kein Telefon, kein Computer,

kein sprechender Koffer...


Wo war denn nur mein Ich geblieben?? War es in die Seine

gesprungen, oder hatte es sich bei dem schier unendlichen

Transfermarathon am Wiener Flughafen abgesetzt?


Ich möchte hier von den unzähligen Anrufern gar nicht

sprechen, die schon in aller Früh mit jemandem reden

wollten, den ich selbst im Moment nicht fand: mein eigenes

Ich. Dann endlich eine vertraute Stimme, die mich in einer

Sekunde in eine Seelentiefe führte, in der es zwar Raum und

Zeit nicht gibt, aber dafür eine Ahnung von einer Identität,

die vielmehr ich selbst ist, als das im Moment abgängige

funktionelle Abbild desselben im Alltag. So verbrachte ich

einen ewigen Moment in Irgendzeit, der auf Erden wohl ein

paar Stunden dauerte, und aus dem sich irgenwann ein Ich

schälte, das immerhin fähig war, ein paar Emails zu

verschicken.Schliesslich schaffte es dieses Ich sogar,

herauszufinden, wo in Graz eine Handyreparaturstelle wohnte.

So brachte mich ein Taxi ins Rotlichtmilieu ( denn dort

wohnt der Handydoktor) und mir wurde gesagt, wenn eine

Stunde verstrichen wäre, dürfe ich mein Handy wieder abholen

kommen. So stand es also da, dieses seltsame Ich , an diesem

seltsamen Ort und fand sich kurze Zeit später in einem Lokal

wieder, in dem Faschingskonfettischlangen von den Lampen

hingen und der Geruch von Wienerschnitzeln sich mit kaltem

Zigarettenrauch mischte. Ein Volksmusikant sang von Engeln,

Sternen und vom Himmel. Ich hörte mich ein Cola! bestellen

(ich trink sonst nur Wasser oder Tee ) und schon nach kurzer

Zeit stand ein Backhendelsalat vor mir. Das war der Moment,

da etwas in mir erwachte. Ich stellte fest, dass wohl ein

altes Ich an die Oberfläche gekommen war und schickte es

freundlich und bestimmt, zusammen mit dem Backhendlsalat

wieder zurück in jene Zeit, der es angehörte. So, und nun

sitze ich immer noch hier, unter Lampions und Ich war nie

ein Casanova Gesängen und habe keine Ahnung, wer das alles

schreibt..Eine Pendeluhr schlägt zur halben Stunde und ich

muss zugeben die Situation hat etwas berührend Groteskes.

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich hier in meinem

Nachthemd sitze, da ich nicht damit gerechnet habe, dass ich

den Mantel beim Handydoktor ausziehen würde. Na ja, es ist

ein Kleid, und niemand würde auf die Idee kommen, es als

Nachthemd zu sehen, aber ICH weiss, dass es die treue

Begleitung meiner Träume und Astralreisen ist.


Soeben hat sich ein Kleinstadtindianer mit hüftlangen

gefärbten schwarzen Locken an die Bar gesetzt, mit einem

ebenso gefärbten weisssilbernen Streifen..( wahrscheinlich

als Kompensation für das fehlende Pferd). Das alles wird

begleitet von einem nun jodelndem Radio, bevor sich


ein überdimensionales, konfettischlangendrapiertes

Glücksschwein in mein Blickfeld stürzt.


Wow! Harry Potter´s Dementoren bin ich nun definitiv

entkommen. Im Moment sind die weissen Wände keine Option

mehr für mich , denn jetzt in diesem Augenblick ist mir

jedes Leben recht. Manchmal ist ein Ausflug und ein Sich-

Ergeben ins Unbekannte besser als 3 Kilo Schokolade :)


In diesem Moment singt Peter Alexander : " Das kleine

Beisel( Wirtshaus) in unserer Strasse, da wo das Leben noch

lebenswert ist, das kleine Beisel in unserer Strasse, da

fragt dich keiner, was du hast oder bist....und tatsächlich

verabschieden sich die Gäste und Wirtsleute von mir wie von

einer alten Freundin und wünschen mir einen ganz

wundervollen! Nachmittag.....


In diesem Sinne...From Beisel...with love


PS: Nun , da ich wieder zuhause bin, fand ich in meiner

Handtasche nicht nur das wieder funktionierende Handy,

sondern ein ganz wundersames superkitschigschönes Tee- und

Zuckerset..und dunkel erinnere ich mich, dass ich irgendwann

an diesem seltsamen Nachmittag, zwischen Beisel und

Handydoktor auch noch auf Teppichen sass...Ob sie geflogen

sind ? Wer vermag es zu sagen....
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