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THEMA: Die Individualität der Seele

Die Individualität der Seele 10 Jahre 11 Monate her #19

Noch immer auf der Suche nach der Antwort,ob wir eigentlich die Wahl haben,die zu sein,die wir sind (s.auch Blog:Wer hat die Wahl? möchte ich hier anhand von Plotins Lehre die Frage stellen ,ob ihr an eine Individualität der Seele glaubt und wenn ja ,wie und wodurch ist sie entstanden??
Plotin hat eine äußerst differenzierte Auffassung von der Natur des Menschen. Auf die Frage: „Und wir – was sind wir?“, antwortet Plotin:

Sind wir das Dortige [= Ewige, Intelligible] oder das, was sich ihm annähert, das Werdende in der Zeit? Nun, bevor wir zu unserem hiesigen Werden kamen, waren wir schon dort, und dort waren wir andere Menschen und einige sogar Götter: reine Seelen und Geist in Berührung mit dem gesamten Sein. Wir waren Teile des geistig Erkennbaren, nicht abgegrenzt und nicht abgeschnitten von ihm, sondern zum Ganzen gehörend. Sogar jetzt sind wir ja noch nicht abgeschnitten

Diesem Menschen, der „wir“ ursprünglich waren, hat sich – so fährt Plotin fort – ein zweiter Mensch „angefügt“ und gleichsam um ihn herumgelegt und mit ihm zusammen das aus Körper und Seele zusammengesetzte Menschenwesen gebildet, als das wir uns selbst in unserem Dasein in der sinnlich wahrnehmbaren Welt erfahren. Plotin betrachtet den Menschen also als etwas Doppeltes: Auf der einen Seite ist er mit dem Dialog Alkibiades grundsätzlich davon überzeugt, daß „der Mensch nichts anderes als seine Seele“ ist;auf der anderen erkennt er die Existenz des Menschen als eines psychophysischen Lebewesens mit einem einheitlichen, die körperlichen Anteile einschließenden Bewußtsein durchaus als philosophisch relevant an. Insofern sie die Antwort auf die Frage: „Qui sommes nous?“ gibt, ist diese Theorie des doppelten Menschen zugleich eine Theorie des doppelten „Wir“ oder doppelten Selbst;5 anders formuliert: die Anthropologie ist zugleich eine Ethik. Was „wir“ sind, ist nicht ontologisch vorgegeben, sondern hängt von einer ethischen Entscheidung ab, nämlich davon, ob wir mit unserer Aktivität und Lebensgestaltung auf der Stufe unseres empirischen Selbst verbleiben und uns mit dem „zweiten“, psychophysischen Menschen identifizieren, oder ob wir zu der höheren, rein geistigen Stufe unseres Menschseins und zu unserem ursprünglichen Selbst zurückkehren.6 Das Selbst wählt sich also seine ontologische Stufe selbst und definiert sich damit selbst. Der Terminus technicus „Wir“ (ἡμεῖς) markiert die subjektiv-innere Seite dieses Vorgangs. Plotin gebraucht hierfür grundsätzlich die erste Person Plural, weil er sich weniger für das „Ich“, die unverwechselbare personale Identität des individuellen Menschen, als für die Innenperspektive des menschlichen Daseins im Allgemeinen interessiert. Natürlich wirft diese Theorie eine Reihe von Fragen auf. Plotin nennt das höhere, „wahre“ Selbst zwar auch den wahren Menschen; aber kann auf der Ebene des reinen Intelligiblen, wo das Selbst mit dem gesamten Intellekt und der intelligiblen Welt eins wird, noch sinnvoll von menschlichen Individuen gesprochen werden? Und in welchem Sinne kann zwischen den beiden Stufen des „Wir“ eine Kontinuität des Ich-Bewußtseins bestehen? Einerseits muß es eine solche Kontinuität geben, wenn der ethische Imperativ des Aufstiegs der Seele zu ihrem Ursprung sinnvoll sein soll, der ja laut Plotin eine Rückkehr zum eigenen ursprünglichen Selbst ist. Andererseits ist es schwer zu verstehen, wie das menschliche Selbst dasselbe bleiben kann, wenn es beim Aufstieg nahezu alle Züge hinter sich läßt, die es in der Erfahrungswelt zu einem Individuum machen – Körperlichkeit, Sinnlichkeit, Emotionalität und sogar die Erinnerung daran
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